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Dezentrale Bettenaufbereitung – Die Qualität wurde geopfert

In immer mehr Krankenhäusern wird die Bettenaufbereitung dezentral durchgeführt. Das ist hygienisch ein Risiko und geht zu Lasten der Gesundheit der Mitarbeiter, kritisiert Eva Scheefer, die als Fachpflegekraft in der ANregiomed Klinik Dinkelsbühl arbeitet sowie freiberuflich als Dozentin und Beraterin im Bereich Hygiene tätig ist. Im Interview erklärt sie, wie die Bettenaufbereitung in der Klinik in Dinkelsbühl organisiert ist.

Wie hoch schätzen Sie allgemein das Infektionsrisiko durch Betten im Krankenhaus ein?

Bei einem normalen Krankenhausbett gibt es kein besonders hohes Infektionsrisiko. Wird das Bett jedoch von einem Isolierpatienten benutzt, ist das Risiko höher – vor allem bei Erregern, wie dem Norovirus, bei dem eine kleine Infektionsdosis genügt. Alle Stellen am Bett, bei denen es zu einem intensiven Haut- und Handkontakt kommt, sind allerdings mit einer hohen Anzahl verschiedener Haut- und Darmbakterien besiedelt. Diese Stellen benötigen eine tägliche Desinfektion. Beispiele dafür sind Bedienfelder von Betten oder auch Haltegriffe.

In Krankenhäusern geht der Trend in Richtung dezentrale Bettenaufbereitung im Patientenzimmer. Was halten Sie davon?

Davon halte ich gar nichts. Für die Bettenaufbereitung brauche ich einen ausreichend großen Aufbereitungsraum, in dem man vernünftig in einem reinen und einem unreinen Bereich arbeiten kann. Bei einer Aufbereitung im Patientenzimmer habe ich überhaupt keine Möglichkeit, das Personal zu unterstützen. Die Leute, die die Betten reinigen, kommen an tiefe Bereiche ohne ein Bettenhebegerät nicht heran. Wie soll man beispielsweise die Räder reinigen ohne in einer Bückhaltung zu arbeiten? Bei uns fahren die Betten auf einen Lifter, der fährt sie nach oben, und so sind das Bettgestell und die Räder auf erreichbarer Höhe.
Außerdem habe ich bei einer ordnungsgemäßen Bettenaufbereitung auch Feuchte unter dem Bett, müsste also eigentlich den Boden wischen. Wie soll das im Patientenzimmer gehen?

Welche Schwierigkeiten sehen Sie noch?

Es stellen sich weitere Fragen und zwar: Wo lagere ich Matratzen und Bettdecken zwischen? Wo lege ich die benutzten Teile ab? Wo ist eine Abwurfmöglichkeit für Einmalhandschuhe und die flüssigkeitsdichte Schutzschürze? Wo befindet sich das Equipment, das ich mit ins Zimmer nehmen muss? Wenn ich das Bett gereinigt habe, muss ich einen Wasserwechsel machen und Lappen abwerfen – wie soll der Wechsel zwischen Rein und Unrein im Patientenzimmer funktionieren? Und schließlich wird das Umfeld möglicherweise kontaminiert, zum Beispiel, wenn ein Mitpatient im Zimmer ist. Eine Reinigungskraft im Hotel macht auch nicht die Schlussreinigung, wenn der Gast dabei ist, aber einem Patienten soll dies zugemutet werden.
Für die zentrale Bettenaufbereitung spricht also, dass ich hygienisch arbeiten, Schutzmaßnahmen treffen und alle Hilfsmittel nutzen kann. Im Patientenzimmer kann ich nur eine oberflächliche Desinfektion der gut zugänglichen Teile vornehmen. Daher ist für mich die Aufbereitung im Patientenzimmer weder hygienisch noch in Sachen Personalschutz empfehlenswert.
Interview: Alexandra Höß

Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw praxis-Ausgabe 3/2015

Foto: Eva Scheefer

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