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Von zentral zu dezentral: Standorte erfinden sich neu

Mitten in der größten strukturellen Umwälzung seit ihrem Bestehen befindet sich derzeit die Johannes-Diakonie Mosbach. Aufgrund der neuen Ausrichtung der Behindertenhilfe werden die zwei großen Komplexstandorte der Diakonie in Mosbach und Schwarzach derzeit umgestaltet und verkleinert sowie wohnortnahe, inklusive Wohnangebote für Menschen mit Behinderung geschaffen.

Die Leiterin des Zentralbereichs Hauswirtschaft, Ingrid Führing, berichtet, was dies für die verschiedenen Einrichtungen, die dort lebenden Menschen und auch für die Hauswirtschaft bedeutet.

Auslöser für den Umgestaltungsprozess ist in erster Linie die UN-Behindertenrechtskonvention, die das Leitbild der Inklusion fordert und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung am gesellschaftlichen Leben. Komplexstandorte in der Behindertenhilfe mit meist mehreren hundert Wohn- und Arbeitsplätzen, die außerhalb der Stadt angesiedelt sind, entsprechen nicht dem Leitbild der Inklusion. Vielmehr sollen behinderte Menschen heimatnah und inmitten der Gesellschaft wohnen, leben und arbeiten können.
„Als sie errichtet wurden, hatten Komplexstandorte ganz klar Vorteile, denn die Menschen konnten dort professionell betreut werden bei gleichzeitiger Entlastung der Familien“, erklärt Ingrid Führing. „Heute ist es darüber hinaus wichtig, dass sie in ihrem sozialen Umfeld bleiben.“ Kein Mensch mit Behinderung und auch kein Angehöriger möchte, dass die Betroffenen so weit weg von ihrem Zuhause und ihren sozialen Kontakten leben und arbeiten müssen. Daher setzen sich Träger wie die Johannes-Diakonie das Ziel, dass sie in die Heimatorte der behinderten Menschen gehen, um ihnen eine Rückkehrmöglichkeit zu bieten.

Doppelzimmer darf es nicht mehr geben
Ein zweiter Grund für die Umgestaltung ist die Landesheimbau-Verordnung für Baden-Württemberg (genauer gesagt die Verordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur baulichen Gestaltung von Heimen und zur Verbesserung der Wohnqualität in den Heimen Baden-Württembergs (LHeimBauVO) vom September 2009. Hier wurden bauliche Regeln für Behinderteneinrichtungen festgelegt, die relativ schnell mit einer Übergangsfrist von nur zehn Jahren bis Mitte 2019 umgesetzt werden müssen. Dazu gehört beispielsweise, dass es keine Doppelzimmer mehr geben darf. Auch muss für maximal zwei Einzelzimmer jeweils ein Sanitärbereich vorhanden sein. Vorgeschrieben sind außerdem Außenbereiche und Gemeinschaftsflächen. Alles muss zudem barrierefrei sein.

Brandschutz
Ein weiterer Grund, vieles neu zu denken, war laut Ingrid Führing das Thema Brandschutz. „In der Johannes-Diakonie liegen wir mit der Umsetzung der überarbeiteten Gesetze zum Brandschutz bei mehreren Millionen Euro.“ In Brandverhütungsschauen werde – auch aufgrund folgenschwerer Brände in den vergangenen Jahren – penibel darauf geachtet, dass die Brandschutzauflagen erfüllt werden. Alte Gebäude werden aufgrund der hohen Auflagen damit teilweise unwirtschaftlich und auch das motiviert dazu, neu zu bauen.
Neue kleinräumige und dezentrale Wohnangebote werden von der Diakonie derzeit in vielen verschiedenen Stadt- und Landkreisen geplant oder bereits gebaut wie zum Beispiel in Mannheim, Karlsruhe, im Rhein-Neckar-Kreis, im Main-Neckar-Kreis, im Landkreis Heilbronn und den Kreisen Rastatt und Pforzheim. Überwiegend muss komplett neu gebaut werden, da es nicht viel Altbestand gibt, der den Anforderungen entspricht. „Derzeit wird laufend nach neuen Grundstücken gesucht, es gibt Spatenstiche, Einweihungen etc. Es entstehen viele neue Häuser, um die alten Wohnstandorte zu ersetzen“, berichtet Ingrid Führing. In einem Haus wohnen dabei immer nur maximal 24 Bewohner.

Konversionsplan bis 2035
Laut den Vorgaben der Landesheimbau-Verordnung dürften an den beiden Komplexstandorten der Johannes-Diakonie in Mosbach und Schwarzach bis 2019 eigentlich nur jeweils 100 Plätze bleiben. „Das geht natürlich gar nicht, schließlich reden wir hier von bisher insgesamt rund 1.750 stationären Wohnplätzen, der überwiegende Teil davon in Mosbach und Schwarzach“, so die Leiterin der Zentralbereichs Hauswirtschaft. Deshalb wurde zusammen mit der zuständigen Heimaufsicht und in Abstimmung mit dem Sozialministerium ein so genannter Konversionsplan zur Anerkennung gebracht, bei der die geforderten baulichen Anpassungen bis 2035 abgeschlossen werden sollen.

Mehr zum Thema lesen Sie in rhw praxis 2/2017 „Wohnformen und Bauvorschriften in der Hauswirtschaft“.

 

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