rhw-management-hauswirtschaft-3-2024

Ein Raum sollte sich dem Gast anpassen und nicht umgekehrt. Was klingt wie Zukunftsmusik, wird beim Reisen für Menschen mit Einschränkungen in manchen Hotels schon sehr gut umgesetzt – wie unter anderem das Beispiel vom Seehotel Rheinsberg in Brandenburg zeigt.

Peter Vogt ist Hoteldirektor des „Seehotel Rheinsberg“ und leitet wohl eines der am besten für Menschen mit Behinderung ausgestattete Hotel in Deutschland. Es liegt zehn Kilometer vor der Grenze von Mecklenburg-Vorpommern als Tor zur Müritzer Seenplatte in Brandenburg und nordwestlich 100 km von Berlin. „Mit dem Boot könnten Sie bei uns vom See vor der Haustür bis zum Meer an die Ostsee fahren.“ Auch gilt Rheinsberg als heimliche Kulturhauptstadt Brandenburgs in Konkurrenz zu Potsdam mit Konzert-Aufführungen, Opernfestspiele oder dem Heckentheater.

Die Fürst Donnersmarck-Stiftung Berlin beschäftigt sich seit 100 Jahren mit dem Thema Menschen mit Behinderung und steht hinter diesem Hotel. „Deshalb dürfen wir auch nur fünf Prozent Gäste ohne Einschränkungen aufnehmen, um den Stiftungszweck zu erfüllen“. Peter Vogt sagt aber auch klar, dass pro Jahr in dem Hotel ein Fehlbetrag von etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Euro von der Stiftung ausgeglichen wird.

Nachttisch zum Wegklappen

2005 wurde ein Apartmenthaus eröffnet, weil die Gäste am liebsten mit Freunden und Betreuern zusammen die Ferien verbringen. Ergänzend zu den Hotelzimmern gibt es nun also auch fünf Ferienwohnungen. Die meisten der jährlich 40.000 Gäste kommen aus Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. 80 Prozent der Gäste haben einen Behinderungsgrad von 100 Prozent.

Das erste Musterzimmer wurden ein Jahr lang von Testpersonen unter die Lupe genommen, und im Anschluss beispielsweise ein Nachttisch zum Wegklappen eingebaut, der es gleichzeitig erlaubt, dass man sich draufsetzen und abstützen kann. Hinzu kommen motorbetriebene Fenster und Türen, die einfach mit einem Schlüssel in Bewegung gesetzt werden können sowie höhenverstellbare Tische im Speisesaal (Stückpreis 1.800 Euro) da gerade die Höhen von elektronischen Rollstühlen sehr unterschiedlich sein können.

Eines der beiden Betten im Doppelzimmer ist stets ein Pflegebett – nur, dass man es nicht auf Anhieb sieht. Solch ein Bett mit einstellbarer Kopfstützenfunktion kann auch eingeschränkten Gästen beim Aufstehen aus dem Bett helfen. Und alle Zimmer haben Seeblick. Häufig ist es so, dass gerade die Zimmer für Menschen mit Beeinträchtigungen nicht gerade den schönsten Blick haben und auch nicht die aktuell am besten renovierten Zimmer sind.

Neu sind auch drei barrierefreie Suiten, die aus zwei ehemaligen Einzelzimmern bestehen: „Die Belegung ist besser als bei den üblichen Zimmern“, so Vogt. „Es stellt sich die Frage, wie weit will der Hotelier gehen, wenn es um die Bereitstellung von Hilfsmitteln bis hin zum Lifter geht.“

Patentierte Duschstühle für die Sauna

Bis ins Detail wurde hier gedacht, denn wie ist es beispielsweise, wenn Rollstuhlfahrer gern in die Sauna gehen möchten? Im „HausRheinsberg Hotel am See“ gibt es spezielle Dusch-Toilettenstühle mit patentierter Magnesiumlegierung, die beim Besuch in der Sauna keine Hitze an den Körper weiterleiten. Die Wassertemperatur im Swimmingpool ist besonders für Menschen mit Behinderung wichtig. „Warm muss es sein“, sagt Vogt lachend und ergänzt: „Von 27 Grad im ersten Jahr sind wir jetzt tatsächlich schon bei 30 Grad angelangt.“ Dabei muss man bedenken, dass die Erhöhung der Wassertemperatur um ein Grad im Swimmingpool etwa 10.000 Euro zusätzliche Kosten pro Jahr verursacht. „Deshalb ist bei uns bei 31 Grad Schluss“, so Vogt.

Mehr zum Thema lesen Sie in der aktuellen rhw management-Ausgabe 3/2018.

Robert Baumann